Martin Dibobe – vom Häuptlingssohn zum Zugführer

1896, im Schicksalsjahr von Martin Dibobes Leben, war seine Heimat Kamerun seit zwölf Jahren deutsche Kolonie. Reichskanzler Bismarck hatte im März 1884 das Gebiet im Knie von Afrika zum Protektorat erklärt und den Afrikaforscher und bisherigen deutschen Generalkonsul in Tunis, Gustav Nachtigal, zum kaiserlichen Kommissar für die Westküste Afrikas bestimmt. Im Juli 1884 traf Nachtigal mit einer Delegation in Duala ein und unterzeichnete mit den Führern der Duálá und Ngand’a Kwa “Schutzverträge”. Am 14. Juli wurde die deutsche Flagge gehisst und die “Schutzherrschaft” über das Gebiet erklärt. Fünf Tage später traf der britische Konsul Hewett in Duala ein, der den gleichen Plan verfolgte – die Deutschen waren ihm zuvorgekommen. Es folgte nun in mehreren Stufen die Festigung der deutschen Vormacht, d.h. die Unterwerfung der Kolonie.

Von Kamerun nach Berlin

Im Sommer 1896 wurde eine Gruppe von etwa hundert Afrikanern aus den deutschen Kolonien nach Berlin gebracht, unter ihnen Quane a Dibobe, der Sohn eines Häuptlings der Duálá, den Missionare auf den Namen Martin Dibobe getauft hatten. Sechs Monate lang stellten er und die anderen Afrikaner im Rahmen einer “Völkerschau” der Berliner Gewerbeausstellung im Treptower Park in dem Nachbau eines afrikanischen Dorfes „afrikanisches Alltagsleben“ dar – oder zumindest das, was sich die Kolonialherren darunter vorstellten. In derartigen Völkerschauen wurden oft Frauen, Männer und Kinder aus aller Welt in als typisch erachteter Landestracht vor Nachbauten von Hütten aus ihrer Heimat präsentiert. Wie in einem Art Menschenzoo waren sie „Ausstellungsstücke”, lebende Exponate, und wurden entsprechend unmenschlich behandelt. An der Berliner Charité waren besonders die Rassekundler an den Afrikanern der Völkerschau im Treptower Park interessiert. Sie führten Experimente und Messungen an den Männern durch. Dibobe weigerte sich zunächst, wurde dann jedoch verpflichtet, an den Untersuchungen teilzunehmen.

Ausbildung und Karriere

Nach Ende der Ausstellung blieb Dibobe in Berlin, nahm eine Schlosserlehre auf und arbeitete u.a. bei Siemens. 1900 verlobte er sich mit der Tochter seines Vermieters. 1902 heirateten die beiden – in der damaligen Zeit keine Selbstverständlichkeit. Der Ehe voraus ging ein Irrweg durch die deutschen Verwaltungsinstanzen, vom Standesamt über das Kolonialamt bis zum Auswärtigen Amt. Alle Stellen verweigerten dem Paar die Genehmigung zur Eheschließung. Zum Schluss schaltete sich die Basler Mission in Kamerun ein. Mit der Beglaubigung seiner Identität durch den Pastor, der Dibobe als Kind getauft hatte, war der Weg zur Eheschließung endlich frei. Im selben Jahr trat der Frischvermählte eine Stelle bei der Berliner Hochbahn an. Er wurde zunächst Zugabfertiger, zuletzt Zugführer der U1, der ersten U-Bahn im Kaiserreich, und eine Art lokale Berühmtheit.

Martin Dibobe 1902 als Zugführer

Martin Dibobe, 1902

Dibobe und die Politik

In Berlin wurde Dibobe politisch aktiv. Er sympathisierte mit den Sozialdemokraten und setzte sich für die Gleichberechtigung von Afrikanern in Deutschland ein. 1907 besuchte er seine Heimat, half beim Bau einer Bahntrasse im Norden Kameruns und berichtete seinen Landsleuten von Sozialismus und Selbstbestimmung. Im Sommer 1919 reichte Dibobe gemeinsam mit siebzehn anderen aus den deutschen Kolonien stammenden in Deutschland lebenden Afrikanern eine Petition bei Reichskanzler Friedrich Ebert, der Nationalversammlung und dem Reichskolonialamt ein. Darin forderten die Unterzeichner den Verbleib der Kolonien unter deutscher Herrschaft, aber zugleich die Selbständigkeit und Gleichberechtigung der Afrikaner, sowie das Ende von Prügelstrafen, Zwangsarbeit und Misshandlungen. Die Petenten wollten außerdem gerechte Löhne, Schulpflicht und das Recht zum Studium sowie die Zulassung der Ehe zwischen Eingeborenen und Weißen erreichen. Kurzum: Es ging ihnen um gleiche Rechte für Deutsche und Afrikaner in Deutschland und in Übersee. Auch sollte es dem Papier zufolge einen ständigen Vertreter der Afrikaner im deutschen Parlament geben; als Repräsentant im Reichstag wurde auch gleich Martin Dibobe vorgeschlagen. Doch der Protest lief ins Leere, die Petenten erhielten noch nicht einmal eine Antwort. Nach dem Frieden von Versailles verlor Deutschland die Kolonien an Frankreich und Großbritannien, die 32 Forderungen der Dibobe-Petition wurden nicht erfüllt.

1919 verlor Dibobe seine Anstellung bei der U-Bahn. Die Teilnahme an einer Arbeiterdemonstration hat ihn womöglich die Stellung gekostet. Als er 1922 mit seiner Familie nach Afrika zurückkehren wollte, verhinderte die inzwischen an Frankreich übergegangene Kolonialverwaltung seine Einreise. Man fürchtete, er würde einen pro-deutschen Aufstand anzetteln. Dibobe reiste daraufhin nach Liberia. Hier verliert sich seine Spur. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt.

Seit Oktober 2016 erinnert eine Gedenktafel am Haus in der Kuglerstraße 44 in Berlin-Prenzlauer Berg an Martin Dibobe, der hier 1918 gewohnt hat. Im Treppenhaus-Rondell des U-Bahnhofs “Hallesches Tor” in Berlin ist ein Foto von Martin Dibobe zusammen mit anderen historischen Fotos zu sehen.

Illustrationen aus Wikimedia:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/9/9a/Martin_Dibobe_Zugführer_1902.jpg

https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Berliner_Gedenktafel_Kuglerstr_44_(Prenz)_Martin_Dibobe.jpg

 

Jens Spahn oder: Die Unfähigkeit, Fehler ehrlich einzugestehen

Dass im deutschen Corona-Herbst 2020 verhängnisvolle Fehlentscheidungen getroffen wurden, haben inzwischen einige Politiker offen eingeräumt. Nicht alle beherzigen aber die Grundregel, dass solche Eingeständnisse nur dann glaubwürdig sind, wenn sie die falschen Entscheidungen auch ehrlich und ungeschönt benennen. Wer dazu nicht fähig ist und in der Retrospektive die Umstände lieber schönt oder gar anderen einen Teil der Schuld zuschiebt, sollte besser schweigen.

Si tacuisses…

Nicht geschwiegen hat nun aber schon zum zweiten Mal Jens Spahn. Der Bundesgesundheitsminister hatte zunächst am 24. Januar 2021 in einem Interview der „Bild am Sonntag“ erklärt, dass es wichtig sei über „Fehler und Versäumnisse reden“ zu können – allerdings nur mit Einschränkungen, nämlich „ohne dass es unerbittlich wird. Ohne dass es nur noch darum geht, Schuld auf andere abzuladen.“ Sein Eingeständnis formulierte er dann aber in der Wir-Form und lud so verbal einfach einen Teil seiner Schuld bei uns allen ab:

„Wir hatten alle zusammen das trügerische Gefühl, dass wir das Virus gut im Griff hätten. Die Wucht, mit der Corona zurückkommen könnte, ahnten wir, wollten es aber in großer Mehrheit so nicht wahrhaben. […] Wir haben dem Virus zu viel Raum gelassen. Wir hätten schon im Oktober bei geringeren Infektionen härtere Maßnahmen ergreifen müssen.“[1]

Dass aber gar nicht alle zusammen als großes „Wir“ im Oktober 2020 in das Lockdown-Light-Horn gestoßen hatten, verschwieg Spahn.

Spahns Doppelfehler

Diese Woche sprach Spahn in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung nochmals über die Fehler im Herbst. Allerdings ging er geschickter vor. Eingangs verwendete er erneut das gesamtgesellschaftliche Schuldverschiebungs-„Wir“. Sodann überdramatisierte er die Situation und drehte noch ein wenig an der Ereignis-Chronologie zu seinen Gunsten herum:

„Wir alle haben doch gehofft, dass die zweite Welle an uns vorbeigeht. Das ist menschlich. Hätte man früher auf die zweite Welle reagieren müssen? Wahrscheinlich ja. […] In der Rückschau sagt sich das immer leichter. Aus der Perspektive von damals muss man ja gleichzeitig fragen: Um welchen Preis? Welche Folgen hätte ein früherer Lockdown in anderen gesellschaftlichen Bereichen gehabt? Wer hätte akzeptiert, wenn wir im September, bei niedrigen Infektionszahlen, harte Einschnitte gefordert hätten?“[2]

Trickreich, wer möchte Spahns rhetorischen Fragen schon widersprechen? Denn stimmt es nicht, dass im September 2020 kaum jemand einen harten Shutdown akzeptiert hätte? Die Wahrheit war nur, dass die Bundesregierung und die Länder es während der langsam wieder ansteigenden Inzidenzen im September bei bloßen Appellen beließen, anstatt wenigstens mit einem Teil-Lockdown gegen die schon absehbare zweite Welle gegenzusteuern. Maßnahmen begrenzter Kontakteinschränkungen hätten zwar keine Begeisterungsstürme ausgelöst, wären bei einem Gutteil der Bevölkerung aber durchaus auf Verständnis gestoßen.

Das wochenlange Zuschauen am Beginn der zweiten Corona-Welle war also der erste politische Fehler im Herbst, den Spahn hier verschweigt.[3]

Erst Ende Oktober kam es dann zum Bund-Länder-Beschluss des „Lockdown Light“. Diese Entscheidung war keineswegs unumstritten – mahnende Stimmen zweifelten an der Wirksamkeit derart begrenzter Einschränkungen der Kontakte. Aber doch gaben einige Experten der gewählten Light-Strategie eine Chance, als „Wellenbrecher“ wirken zu können.

Was nicht nur Spahn gerne verschweigt: Der schlimmste Fehler der politisch Verantwortlichen 2020

Den zweiten dicken Fehler machte die Bund-Länder-Runde am 25. November: Trotz mittlerweile erwiesener Wirkungslosigkeit wurde der Lockdown Light lediglich verlängert. Experten rieten Ende November überwiegend zur Verschärfung.[4] Wäre man diesem Rat gefolgt, hätte das die Dezemberwelle glimpflicher abgefangen und Zehntausenden Menschen das Leben gerettet. Denn erst im Laufe des Dezembers stieg die tägliche Zahl der Corona-Toten unerbittlich von unter 300 bis auf fast 1000 an. Bei einem deutschlandweit so stark grassierenden Corona-Virus mit Inzidenzwerten von zeitweise über 200 war es eben einfach nicht mehr möglich, die Risikogruppe der hilfsbedürftigen alten Menschen, die auf die Unterstützung durch andere im Alltag angewiesen sind und so ihre Außenkontakte nicht vollständig reduzieren können, noch ausreichend zu schützen.

Indem Spahn aber in dem SZ-Interview die Perspektive auf den Anfang der zweiten Welle verschob, konnte er den schwersten politischen Irrtum, den die Bundesregierung zusammen mit den Ländern zu verantworten hat, einfach verschweigen.

Die Unfähigkeit, aus den Fehlern des Herbstes 2020 zu lernen

Sicherlich ist Jens Spahn kein Einzelfall, wenn es um selbstgerechte Analysen und halbherzige oder halbwahre Fehlereingeständnisse geht – schlimmer noch trieb es bekanntlich im Dezember und Januar der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer mit seinen Fremdschuldzuweisungen für eigenes Versagen.[5] Jedoch sind solche Statements der Unbelehrbarkeit in der jetzigen Situation ein besonderes Ärgernis. Denn nur wenn man einen schonungslosen, wahrheitsgemäß Blick auf die eigenen Fehler zulässt, kann man aus ihnen etwas lernen. Halbwahrheiten verführen hingegen nur zu neuen Fehlschlüssen.

Gerade in der jetzigen Pandemiesituation wäre es dringend nötig, dass die Verantwortlichen in der Politik die richtigen Lehren aus den Versäumnissen des Jahres 2020 ziehen. Wir sollten angesichts einer sich aufbauenden neuen, von Corona-Mutationen beschleunigt angetriebenen Welle nun keineswegs uns mit einer begrenzten Eindämmung der Neuinfektionszahlen zufrieden geben. Die Situation ähnelt durchaus wieder der vom Frühherbst: Wir wissen an sich, dass eine Gefährdung bevorsteht, debattieren aber voreilig über neue Lockerungen statt über eine nachhaltige Absenkung der Infektionszahlen.

Doch nicht nur eine Analyse der Fehlentscheidungen während der im letzten Jahr angewandten Pandemie-Eindämmungspolitik ist jetzt gefordert, sondern auch ein Umdenken in der Bekämpfung von COVID-19. Wer den Pandemieverlauf in Deutschland im vergangenen Jahr kritisch Revue passieren lässt, wird zu dem Schluss kommen, dass die gewählte Strategie einer „Eindämmung des Virus“ nicht als Erfolg bezeichnet werden kann. Zwar wurde der Kollaps des Gesundheitssystems in Deutschland am Jahresende gerade noch vermieden. Aber die hohen Todeszahlen belegen, dass der Schutz der Risikogruppen, der schon in der ersten Welle die Achillesferse war, in der zweite Welle misslungen ist. Außerdem haben lange Teil-Lockdown-Zeiten das Land wirtschaftlich, finanziell und mental stark belastet, wobei die Lasten sehr ungleich verteilt waren.

Führende Wissenschaftler fordern deshalb schon seit November einen Strategiewechsel – weg von der bloßen Eindämmung, die in der Praxis zu Jojo-Effekten geführt hat, hin zu einer Strategie einer weitgehenden Eliminierung des Virus, bekannt geworden unter dem Twitter-Hashtag #NoCovid.[6]

Anmerkungen:

[1] https://www.bild.de/bild-plus/politik/2021/politik/spahn-unter-druck-wir-haben-dem-virus-zu-viel-raum-gelassen-75032808,view=conversionToLogin.bild.html;
ausführlicher dazu der letzte Corona-Beitrag in diesem Blog.

[2] “Hätte man früher auf die zweite Welle reagieren müssen? Wahrscheinlich ja”, in: SZ 14.2.2021, https://www.sueddeutsche.de/politik/jens-spahn-corona-grenzkontrollen-impfen-interview-1.5205856.

[3] Vgl. dazu den ersten Corona-Beitrag in diesem Blog.

[4] Vgl. den zweiten Corona-Beitrag in diesem Blog.

[5] Vgl. „Kretschmer: ‚Haben dieses Virus unterschätzt‘“, ZDFheute 2.12.2020, https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-sachsen-kretschmer-100.html; „Ministerpräsident Kretschmer räumt Fehler in Corona-Politik ein“, RND/dpa 8.1.2021, https://www.rnd.de/politik/corona-in-sachsen-michael-kretschmer-raumt-fehler-in-umgang-mit-pandemie-ein-VSFYEBNZT755FV3G3C32AY52YA.html.

[6] Vgl. dazu den jüngsten europaweiten Aufruf von Wissenschaftlern, der am 15.2.2021 auch in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht wurde: „Wie wir ohne Covid-19 leben können“, https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/no-covid-coronavirus-strategie-impfung-zonen-1.5206829?utm_source=Twitter&utm_medium=twitterbot&utm_campaign=1.5206829.

“Hofmohr” und preußischer Militär – zwei afrodeutsche Karrieren

August und Gustav Sabac el Cher

Zwei spannende, bis heute wenig bekannte afrodeutsche Biografien sind die von August Sabac el Cher, dem Leibdiener des preußischen Prinzen Albrecht und die von Augusts Sohn Gustav Sabac el Cher, einem afrodeutschen Militärmusiker der preußischen Armee.

Von Kairo nach Berlin

Beginnen wir mit August Sabac el Cher. Er stammte aus Ägypten, aus dem Gebiet des heutigen Sudan. Sein Vater, ein sudanesischer Scheich, war bei einem Aufstand gegen die Osmanen ums Leben gekommen. Die Mutter hatte daraufhin Suizid begangen. Der verwaiste Sohn wurde nach der Niederschlagung des Aufstandes verschleppt. Muhammad Ali Pascha, der Gouverneur der osmanischen Provinz Ägypten, machte ihn Prinz Albrecht von Preußen bei dessen Besuch in Ägypten im März 1843 zum Geschenk. Das Verschenken von „Mohrenkindern“* als Diener war zur damaligen Zeit durchaus üblich. Ebenso war es gang und gäbe, dass die neuen Herren ihnen einen neuen Namen gaben. Prinz Albrecht wählte für den wohl erst sieben Jahre alten Jungen die einzige arabische Wendung, die ihm bekannt war: Sabac el Cher, was „Guten Morgen“ bedeutet.

Mit Prinz Albrecht gelangte der Junge nach Berlin. Er wurde beim Gesinde des Prinz-Albrecht-Palais untergebracht, wuchs im unmittelbaren Umfeld des preußischen Hofes auf, erhielt Unterricht in deutscher Sprache und christlicher Religion. Ab 1851 war er Kammerdiener und wurde als Lakai einem Offizianten unterstellt. Bei seiner Taufe im April 1852 erhielt er zusätzlich die Vornamen August Albrecht. Im weiteren Verlauf stieg er zum Leibdiener und schließlich zum Silberverwalter von Prinz Albrecht auf, reiste in dessen Gefolge durch Europa und begleitete ihn zu Militäreinsätzen, so u.a. bei einem Einsatz zur Unterstützung der russischen Armee im Kaukasus. Von der russischen Zarin erhielt er eine goldene Taschenuhr, die sich bis heute im Familienbesitz befindet.

1864 nahm August Sabac el Cher im Dienste der preußischen Armee am Deutsch-Dänischen Krieg teil und 1866 an der Schlacht von Königgrätz. Ein Jahr später heiratete er die Tochter eines wohlhabenden Berliner Textilkaufmanns. Sie bezogen eine Wohnung im Prinz-Albrecht-Paials, Wilhelmstraße 102 in Berlin – dem Stadtschloss, in dem siebzig Jahre später das Reichssicherheitshauptamt untergebracht werden sollte.1868 wurde der Sohn Gustav Sabac el Cher geboren. 1870 nahm August auch am Deutsch-Französischen Krieg teil, sechs Jahre später schied er dann aus dem Dienst bei Hofe aus. 1882 erhielt August Sabac el Cher die Naturalisationsurkunde und galt damit rechtlich als preußischer Bürger.

Gustav der Militärmusiker

Sein Sohn Gustav Sabac el Cher machte Karriere als Militärmusiker und Rundfunkdirigent. Mit 17 Jahren trat er in die Kapelle des Brandenburgischen Füsilier-Regiments Nr. 35 und damit in die preußische Armee ein. 1895 wurde er Dirigent beim Grenadier-Regiment „König Friedrich III.“ Nr. 1 in Königsberg, wo er zu einer stadtbekannten Persönlichkeit wurde. 1901 heiratete er die Tochter eines Lehrers. Aus der Ehe gingen die beiden Söhne Horst und Herbert hervor. Trotz seiner Militärmusikerlaufbahn war Gustav Sabac el Cher in mindestens einem Fall direkt mit Rassismus konfrontiert. Dagegen klagte er aber vor Gericht wegen Beleidigung und gewann den Prozess 1908.

Die „Deutsche Zeitung“ hatte im Oktober 1907 in einem Leitartikel die Frage erörtert, ob es angebracht sei, dass in der deutschen Armee Schwarze als Vorgesetzte dienten und diese Frage auch gleich mit einem entschiedenen „Nein“ beantwortet. In einer ebenfalls abgedruckten Stellungnahme des Redakteurs Erich Peterson wurde Sabac el Cher direkt angegriffen, als „Nigger“ bezeichnet, der mit seiner „eigentümlichen Art der Tanzbewegungen“ die deutsche Musik verhunze u.a.m.

Kronprinz von Massow, Kommandeur des Grenadierregiments, sprang Sabac el Cher zur Seite und erwirkte den Abdruck seiner Stellungnahme in der Zeitung. In ihr ergriff er für seinen Musiker Partei. Zugleich ging Sabac el Cher auf dem Weg der Privatklage gegen den Redakteur vor. Redakteur Peterson ruderte zwar in dem Gerichtsverfahren zurück und behauptete, er habe Sabac el Cher keineswegs persönlich angreifen oder beleidigen wollen. Das Urteil wurde 1908 aber zugunsten von Sabac el Cher gesprochen und Redakteur Peterson so wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt.

Ein Jahr nach dieser Affäre, im Jahre 1909, quittierte Gustav Sabac el Cher den Dienst in der Armee und zog mit seiner Frau und den beiden Söhnen zurück nach Berlin. Er arbeitete fortan als Kapellmeister in verschiedenen Städten. Zur Zeit der Weimarer Republik war er als Dirigent bei einem Rundfunk-Orchester tätig.

Das Ende von Weimar und die Kameraden vom „Stahlhelm“

Ende der 1920er Jahre eröffnete Gustav Sabac el Cher in Königs-Wusterhausen eine gutgehende Gartenwirtschaft. Hier musizierte er häufig gemeinsam mit seinen Söhnen Horst und Herbert. Beide Söhne waren in die Fußstapfen des Vaters getreten, Horst als Pianist und Herbert als Violinist. Gustav war überzeugter Preuße und Offizier, identifizierte sich mit dem wilhelminischen Wertekanon. Regelmäßig waren seine Freunde und Kameraden vom „Stahlhelm“, dem „Bund der Frontsoldaten“ zu Gast. Längst schon hatte sich im Verband der Rassismus breit gemacht. Ob Gustav dies ausgeblendet hat oder noch immer der Korpsgeist seiner ehemaligen Kameraden überwog, ist nicht bekannt. Aber es scheint mindestens bemerkenswert.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten blieben die Gäste aus. Die Geschäfte liefen schlecht, die Gaststätte war nicht mehr zu halten. Ein daraufhin von Gustavs Familie in Berlin eröffnetes Kaffeehaus musste auf Druck der Behörden geschlossen werden. 1934 verstarb Gustav Sabac el Cher. Der im Exil lebende Kaiser Wilhelm II. übersandte ein Beileidstelegramm für den ehemaligen Dirigenten seines Königsberger Regiments.

Gustavs Frau starb ein Jahr später. Von Horst Sabac el Cher ist ein Foto überliefert, das ihn 1935 in der Uniform des Stahlhelms zeigt. Im Zweiten Weltkrieg diente er als Sanitäter bei der Wehrmacht und kam 1943 an der Ostfront um. Sein Bruder Herbert überlebte den Krieg. Der erste Sohn von Herbert Sabac el Cher, unehelich geboren, besuchte eine “Nationalpolitische Erziehungsanstalt”, kurz: “Napola“, eine NS-Eliteschule.

Anmerkung: 

*Die Begriffe “Mohrenkinder”, “Hof-” und “Kammermohr” sind Kinder ihrer Zeit, Fremdzuschreibungen mit negativer Konnotation. Wir widmen ihr in einem späteren Beitrag im Rahmen des BHM2021 einen Exkurs.

Illustrationen aus Wikimedia: 

August Sabac el Cher: https://upload.wikimedia.org/…/August_Sabac_el_Cher…

Gustav Sabac el Cher: https://upload.wikimedia.org/…/e2/Gustav_Sabac_el_Cher.jpg

Dirk Ippen zum Achtzigsten – Wie wird man in einem Leben so unverschämt reich?

Großverleger Dirk Ippen ist heute 80 geworden
Eine kritische Würdigung

Sie kennen Dirk Ippen nicht? Dann wird es Zeit. Immerhin hat der umtriebige Großverleger im Laufe seines Lebens nicht nur ein Vermögen von wenigstens 500 Millionen Euro, sondern auch rund 100 Zeitungstitel zusammengerafft. Und so gehört ihm bzw. seiner Ippen-Gruppe mit einiger Wahrscheinlichkeit auch ihre regionale Tageszeitung und – wenn, dann richtig – auch der führende Anzeigenblattverlag in ihrer Gegend. Sollten sie dieser Tage also auf eine peinlich-unterwürfige Würdigung des alten Herrn stoßen, sehen sie es dem Schreiber nach. Er ist jung und braucht das Geld.

Ich selbst will Dirk Ippen gerecht werden – gerade um ihn zum Ende hin hart kritisieren zu dürfen. Und tatsächlich haben Dirk Ippen und sein Lebenswerk zum Achzigsten eine kritische Würdigung verdient. Wer also ist Dirk Ippen? Wie wird man als Jurist in einem Leben eigentlich so unverschämt reich? Hat er dabei wenigstens Gutes gestiftet? Und welche Auswirkungen hat sein verlegerisches Wirken auf unser Gemeinwohl?

Zur Promotion den ersten Verlag
Interessante Einblicke in sein Leben gewährt Dirk Ippen in seiner Autobiografie “Mein Leben mit Zeitungen”(2019): Dirk Ippen wurde mitten ins Verlagsgeschäft hineingeboren, geprägt vom promovierten Vater Rolf Ippen, Mit-Herausgeber und Geschäftsführer der WAZ-Gruppe von 1949-1963. Der junge Dirk studiert Jura in Freiburg, macht Praktika bei Banken und Verlagen und promoviert 1967 über die damals neue Rechtsform der “Einheitsgesellschaft GmbH & Co.KG”. Vermutlich um den Junior im Verlagsgeschäft zu halten, oder auch nur zum Üben, kauft Rolf Ippen vierzig Prozent Anteile des Westfälischen Anzeigers, einer Tageszeitung mit einer Auflage von 36.000 Exemplaren. Dirk Ippen wird Geschäftsführer “seines” ersten Verlages. “Gleichwohl haderte ich mit meinem Schicksal, mich mit 26 Jahren für (…) ein Leben  als Drucker und Verleger von Lokalzeitungen in Hamm entscheiden zu sollen.”

Es kommt anders. Anfang 1968 stirbt der Vater, die Hochzeitsreise in die USA wird im Sommer nachgeholt. Zuerst nach Boston, dann nach Decatur in Illinois geht die Reise, “noch mehr tiefste Provinz als Hamm.” Der dortige Lokalverleger, wie Ippen in Hamm ohne Wachstumsperspektive, hatte nach und nach benachbarte Heimatzeitungen aufgekauft und dabei eine wachsende Zeitungskette gebildet. Ippen darf das Verlagshaus “studieren”, versteht, wie hier Know-how zentral gebündelt und wie ein Filialsystem in die Fläche wieder ausgerollt wird. “Bis zu 100 selbständige Lokalzeitungen unter einheitlichem Management” – the dream was born. Vorortblätter (Suburban Newspapers), das erkennt er in den USA, haben einen entscheidenden Vorteil gegenüber den in der City erscheinenden Zeitungen: “Im Anzeigenverkauf kassiert man doppelt. Einmal von den örtlichen Gewerbetreibenden und dann von den Einzelhändlern” im Oberzentrum.

Den “Marshallstab im Tornister” 
Zurück in Deutschland dreht Dirk Ippen auf, wie man heute sagt. Im Bewusstsein “den Marshallstab im Tornister” zu haben (Ippen über Ippen) – und in den USA in den verlegerischen Durchblicksstrudel geraten zu sein – trimmt er seine Hammer Verlagszentrale auf Effizienz und Ertrag, denn Expansion braucht Eigenkapital. Der Kasseler Verleger Wilhelm Batz, ein Studienkollege des Vaters, verschafft ihm “einen Aktenordner mit den Handelsregister-Eintragungen von sämtlichen deutschen Zeitungsverlagen”. Auch sein Beuteschema bekennt Ippen in seiner Autobiografie offen: Er sucht nach ertragsschwachen Verlagen mit mehreren Gesellschaftern, möglichst in fortgeschrittenem Alter und aus “verschiedenen Familienstämmen”. Hier wittert Dirk Ippen die Chance, sich strategisch einkaufen zu können.

Teilen und wachsen bei Bremen
Es klappt. Ippen kauft sich in Syke südlich von Bremen in die eigentlich bedeutungslose Kreiszeitung ein – und fusioniert binnen weniger Jahre gleich acht ehemals selbständige Kreisblätter unter seiner Regie. “Teilen und wachsen vor den Toren Bremens” überschreibt Ippen den von ihm “moderierten Prozess” und beweist zugleich, dass sich sein Geschäftsmodell tatsächlich “ausrollen” lässt.

Bereits 1974 kauft Ippen von Peter Udo Blintz eine maßgebliche Beteiligung an der Offenbach Post, revolutioniert die technische Produktion und schröpft von nun an das Rhein-Main-Gebiet. “Die Anzeigenentwicklung in diesen Boomjahren im prosperierenden Stadt- und Landkreis Offenbach war phänomenal.” Die Kriegskasse wächst, aber Bremen lässt sich in Frankfurt so leicht nicht wiederholen.

Mit dem Münchner Merkur in die erste Liga
Ippen kauft was er kriegen kann, bundesweit, besonders gerne unterbewertete Verlage jenseits des Zenits. Im Januar 1982 kauft Ippen von Springer den heruntergewirtschafteten Münchner Merkur, das an der Isar ansässige Boulevardblatt tz und Anteile am Oberbayrischen Volksblatt (OVB) – ein unglaublicher Move für einen Verleger aus der westfälischen Provinz. Dirk Ippen, jetzt Anfang 40, ist in der ersten Liga der Verleger angekommen – und fürderhin nicht mehr aufzuhalten.

Wenden wir diese Laudatio, denn der Verfasser ist keiner der Lohnschreiber des Herrn Dr. Ippen.

Da sich mit Qualitätsjournalismus kein Geld verdienen lässt, wie Ippen und vor allem sein Neffe Daniel Schöningh immer wieder betonen, drängt sich die Frage auf, wo die Gewinne herkommen. Denn 500 Millionen Euro lassen sich nicht so leicht aus Kreisanzeigern und Anzeigenblättern, also mithin aus den eher bescheidenen Erträgen der lokalen Einzelhändler und Gewerbetreibenden, pressen. Auch nicht in 25 Jahren. Wie – oder: auf wessen Kosten, die Frage muss erlaubt sein – wurde jemand wie Dirk Ippen so obszön reich?

Auf jeden Fall mit brutaler Zielstrebigkeit. Wo Ippen, der “Sanierer”, aufschlägt, bleibt kein Stein auf dem anderen. Gewachsenes ist dem Fremden fremd. Immer werden Redaktionen “verschlankt” oder zusammengelegt, immer wird im Anzeigenverkauf die Schlagzahl erhöht. Wer sich nicht fügt, fliegt. Ippen ist im System Ippen immer Gewinner.

Nordhessen wird Ippen-Land
Exemplarisch sei das “Prinzip Ippen” entlang der Übernahme der Hessisch Niedersächsischen Allgemeinen (HNA) im Jahr 2002 skizziert: Altverleger Rainer Dierichs hatte Jahre zuvor in aller Stille auch den regionalen Anzeigenblattverlag erworben, weitere Zukäufe im Umland untersagte ihm jedoch der Bundesgerichtshof. Ippen und Schöningh fürchten das Kartellamt nicht und wagen erneut einen großen Coup: Im Februar 2002 übernimmt Ippen die damals zweitgrößte hessische Tageszeitung, wird zugleich Eigner des größten Anzeigenblattes (ExtraTip) und dessen ausgegliederter Vertriebseinheit “Top direkt”. Über eine Medienbeteiligungsgesellschaft (MBG Bad Hersfeld) kauft Schöningh im Sommer 2002 unauffällig auch den letzten echten Wettbewerber im Verbreitungsgebiet der HNA, die MB Media in Witzenhausen mit 17 Anzeigenblättern. Nordhessen wird binnen eines Jahres dem Ippen-Imperium einverleibt: Ende 2002 bedient Ippen mit der Tageszeitung HNA über 220.0000 Abonnenten und erreicht mit seinen Anzeigenblättern fast 750.000 Haushalte. Natürlich wirkt das nordhessische Pressemonopol wettbewerbsverzerrend – doch wenn es um Ippen geht, schweigen die Wettbewerbshüter – einmal mehr.

Zwar kann man dem Lebenswerk des heute Geehrten getrost die Vernichtung hunderter, vermutlich sogar tausender Redakteurs- und Journalistenarbeitsplätze zurechnen. Doch auch das Schicksal der HNA erklärt nicht zureichend, wie man binnen eines Lebens so unglaublich reich werden kann.

2015: Eine Großrazzia bringt Unschönes zutage
Das offenbart erst eine Großrazzia im April 2015, bei der 600 Zollbeamte ausrücken, um insgesamt 90 Durchsuchungsbeschlüsse zu vollstrecken. Wie der SPIEGEL seinerzeit schreibt, wurde nach Informationen des Hamburger Nachrichtenmagazins „Vermögen im Wert von etwa zwei Millionen Euro sichergestellt. Die Behörden gehen davon aus, dass die Unternehmen, die zum Einflussbereich des Münchner Verlegers Dirk Ippen gehören, sich mit einem illegalen Trick um Sozialversicherungsabgaben in Millionenhöhe gedrückt haben. Im Zentrum steht dabei nach Angaben eines Ermittlers neben einem Offenbacher Unternehmen die Firma Top Direkt Marktservice GmbH in Kassel, die von dem Ippen-Neffen Daniel Schöningh geleitet wird und unter anderem auf die Verteilung kostenloser Werbezeitschriften spezialisiert ist.“ Rührt etwa ein erklecklicher Teil des Ippen-Vermögens von der Ausbeutung seiner Austräger?

Die Antwort ist ein eindeutiges JA. Zwar ist es Daniel Schöningh seinerzeit in Kassel noch einmal gelungen, den eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Doch Einsicht zeigen die Herren Ippen und Schöningh nicht. Im Gegenteil, beide betonen seither bei jeder Gelegenheit, der Mindestlohn für Austräger sei das Totenglöckchen der Branche. Letzte Woche hat der alte Herr sogar vorgeschlagen, die Tätigkeit den haushaltsnahen Dienstleistungen zuzurechnen. Einfach dreist.

Denn was kaum jemand weiß: Für Zeitungs- und Blättchen-Austräger gibt es dank der erfolgreichen Lobbyarbeit des Verlegerverbandes eine andauernde nachteilige Ausnahme vom gesetzlichen Mindestlohn. Damit die arg gebeutelten Verleger nicht verarmen, gilt für Austräger immer der Mindestlohn des vorletzten Jahres. So lassen sich, ich habe es an anderer Stelle einmal vorgerechnet, pro Austräger als Beitrag zur Rettung des Qualitätsjournalismus bestimmt 500 Euro im Jahr einsparen. Meines Wissens existiert dieses Sonderrecht bis heute. Pfui.

Wer sozial Schwache ausbeutet, kann kein Humanist sein
Bringen wir diesen schrecklichen Riemen zu Ende. Natürlich war Dirk Ippen in seiner Zeit ein Visionär. Aber zur Wahrheit gehört eben auch, dass der über komplizierte Eigentumsverhältnisse promovierte Jurist beim Aufstieg gemeinsam mit seinen Geschäftspartnern Wettbewerber, Altverleger und Kartellämter an der Nase herumgeführt hat. Auch den Niedergang des deutschen Journalismus hat Ippen nicht alleine zu verantworten, da haben auch andere gierige Verleger ihren Beitrag geleistet. Absolut scheinheilig ist es allerdings, sich ausgerechnet von Daniel Schöningh als “Humanist im besten Sinne” titulieren zu lassen. Denn wer mit System Schüler, aber auch Alleinerziehende und sozial Schwache ausbeutet, kann kein Humanist sein.

Nun kennen Sie Dirk Ippen, besser meine Sicht auf den Herrn Doktor. Sie haben verstanden, wie Dirk Ippen so reich werden konnte. Und vermutlich auch, warum den Schleimereien seiner Lohnschreiber am heutigen Tag ein so umfänglicher Text entgegengestellt werden muss. Denn zu unser aller Glück tippen immer noch nicht alle für Ippen. Herzlichen Glückwunsch!

Quellen / Nachweise:

Ippen, Dirk: Mein Leben mit Zeitungen (2019).
https://societaets-verlag.de/produkt/mein-leben-mit-zeitungen/

Kreissl, Rüdiger: Alle tippen für Ippen. (1.6.2003)
https://mmm.verdi.de/medienwirtschaft/alle-tippen-fuer-ippen-23301

FAZ.net Auch in der zweiten Liga spielt man schön. (2.7.2011)
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/zeitungsverleger-dirk-ippen-auch-in-der-zweiten-liga-spielt-man-schoen-1656003.html

Skandal Chronik . Großrazzia: 600 Beamte durchleuchten Ippens Zeitungsvertrieb. (21.4.2015 ff) http://werra-meissner-dreist.de/skandal-chronik/

SPIEGEL online. Razzia bei Zeitungsvertrieben. (24.4.2015)
https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/sozialabgaben-razzia-bei-zeitungsvertrieben-a-1030427.html

Deutschlandfunk. Die Erfolgsgeschichte eines Verlegers. (13.10.2020)
https://www.deutschlandfunk.de/dirk-ippen-wird-80-die-erfolgsgeschichte-eines-verlegers.2907.de.html?dram:article_id=479103

Newsroom.de. Warum Verleger Dirk Ippen weitere Anteile verschenken will und an wen (6.10.2020) https://www.newsroom.de/news/aktuelle-meldungen/vermischtes-3/warum-verleger-dirk-ippen-weitere-anteile-verschenken-will-und-an-wen-912994/

MDR. Medien360G / Altpapier. Das gedruckte Facebook. (14.10.2020)
https://www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-1704.html

Friedrich Merz oder: Die Reinszenierung des männlich-egomanischen Alltagskarrierismus ganz alter Schule

Zwar ist er eigentlich völlig Old School, aber offenbar doch (immer noch) hochaktuell, der gute alte männlich-egomanische Alltagskarrierismus. Das zeigt uns am Beispiel des CDU-Führungskampfs und der Selbstinszenierung des Kandidaten Merz Eva Thöne in ihrem klugen Spiegel-Essay vom 26.2.2020. Unter Rückgriff auf Torsten Körners kürzlich bei Kiepenheuer & Witsch erschienenes Buch „In der Männer-Republik. Wie Frauen die Politik eroberten“ schreibt sie über die Kandidatur des Sauerländers:

„Denn auch wenn Friedrich Merz sich selbst als “Aufbruch und Erneuerung” bezeichnet, zeigt sich hier nicht nur ein inhaltlicher Bruch zwischen liberalem und stockkonservativem Parteiflügel. Sondern – wenn auch in unterschiedlichen Nuancierungen – die Wiederauferstehung eines Typus des männlichen Ich-Politikers, der in Variationen ganz oben an der Spitze letztlich seit Adenauer die Bonner Republik prägte, mit Kohls Ende jedoch angezählt war und mit Gerhard Schröders vermessenem Elefantenrunden-Auftritt nach der Bundestagswahl 2005 so fulminant scheiterte, dass klar war: Seine Zeit war vorbei.
Ausschlaggebend für diesen Typus ist, dass er seinen Erfolg maßgeblich mit dem eigenen Machtwillen definiert. So antwortete Schröder 2005 auf die Frage, ob er angesichts der Prozentverluste wirklich den Wahlsieg beanspruchen könne: “Natürlich kann ich das!”
Wichtiger als Fremdeinschätzung oder gar sachliche Eignung ist für den Erfolg in diesem Verständnis die eigene Überzeugung, selbst der richtige für den Job zu sein. Diese Überzeugung darf auf keinen Fall angezweifelt werden – und wird deshalb permanent aggressiv verteidigt.”

Es ist aber nicht nur im Hinblick auf den CDU-Machtkampf um Vorsitz und Kanzlerkandidatur bedenkenswert, was Thöne unter dem Titel “Die Neunziger haben angerufen” am Beispiel von Merz darlegt. Denn die Gegenüberstellung des Führungstypus “Merz” und “Merkel” macht auch einen allgemeinen, immer noch fortbestehenden gesellschaftlichen Dissens um Führungskompetenzen deutlich, der wohl in fast jedem mittleren oder größeren Betrieb zu beobachten ist und so das Karriereverhalten der meisten Angestellten bis heute prägt. Im Zweifel entscheiden sich die meisten bei ihrem eigenen Verhalten ebenso wie bei der Anerkennung von „Führungsqualitäten“ auch heute noch für den Old-School-Style, über den Torsten Körner ausführt:

„Die Ich-Erzählung des männlichen Machtpolitikers sieht das Einräumen von Zweifeln oder sogar zeitweiliger Verwirrung nicht vor. Es ist vielmehr die klare und unumstößliche Haltung, die den Mann antreibt und ihn – so geht die Erzählung der Selbstermächtigung – über alle anderen obsiegen lässt.“

Schade eigentlich, dass wir auch nach eineinhalb Merkeljahrzehnten doch (fast) alle im privatberuflichen Leben und Streben immer noch so Old School-mäßig auf Karrieremachos gepolt scheinen. Letztlich machen wir uns ja damit unseren eigenen Berufsalltag systematisch zur Karrierehölle. Denn weiterhin lassen wir so Tag für Tag die egomanischen Alphatierchen des vergangenen Jahrtausends nebst ihrer jung-dynamischen Wiedergänger einen Gutteil unseres Lebens mit ihren allzuoft eher scheinkompetenten Selbstinszenierungen dominieren.

Mut zur Wahrheit?

Ist politische Inkorrektheit gegenüber politisch Inkorrekten politisch inkorrekt?

weidel-alice-afd-bvMut zur Wahrheit: Wer derzeit bei der AfD adrett ins rechte Horn bläst, hat gute Chancen auf ein Bundestagsmandat. In diesem Sinn zieht auch die hübsche rechtsliberale Alice Weidel (Foto), Mitglied im Bundesvorstand der AfD, mit basisgefälligem Politiker-Bashing durch die Lande. https://www.youtube.com/watch?v=V1rfdB2Jihk

Dass die promovierte Volkswirtin als ehemalige Inverstmentbankerin und Vermögensverwalterin der bei der AfD-Basis verhassten Elite zuzurechnen ist, scheint im Moment ebenso wenig widersprüchlich, wie die Tatsache, dass die unverheiratete Lesbe ihr Kind in einer homosexuellen Partnerschaft großzieht.

Frau Dr. Alice Weidel, soviel Chuzpe finden wir mutig.

Historia magistra vitae, Frau Doktor! Ernst Röhm haben seinerzeit weder seine Verdienste für die Bewegung noch sein Reichstagsmandat vor der Homophobie seiner Partei zu schützen vermocht.

Ich will nicht “in Deutschlandfahnen baden”

fahnenmeer_2016Alexander Gauland von der AFD, kurz vor der Fußball-EM durch scheinbar grenzdebile Äußerungen über Jerome Boateng und das DFB-Team aufgefallen, ist keinesfalls, wie von mir in einem ersten Furor behauptet, nur ein “frustrierter, schamlos verlogener und dummer alter Mann”. Das greift nicht nur zu kurz, es ist sogar falsch und verharmlost diesen Mann. Ob man Alexander Gauland bereits einen Nazi nennen sollte, oder überhaupt darf, sei dahingestellt. Ein erfolgreicher rechter Demagoge ist er allemal. Anfang Juni 2016 hat Alexander Gauland einmal mehr bewiesen, wie professionell er sein Fach und den Umgang mit den Medien beherrscht. Und wir sind ihm vermutlich alle, auch die ZEIT, Anne Will und der SPIEGEL, auf den Leim gegangen.

Jan Fleischhauer empfiehlt in seiner SPIEGEL-Kolumne vom 06.06.2016 Gauland wörtlich zu nehmen. Das ist zwar ein erster Schritt, greift aber immer noch zu kurz. Man sollte in Betracht ziehen, dass jemand wie Alexander Gauland auch das mit der Lügenpresse so meint wie er es sagt – und Interviews und Talkshow-Auftritte mit allem Zynismus für seine Ziele vernutzt.

Ich vermute, Alexander Gauland kommuniziert schlicht durch Andersdenkende hindurch, ganz egal ob ihm Anne Will vermeintliche Fangfragen stellt oder Justizminister Heiko Maas höchstselbst ihn zu widerlegen versucht. Ob er seinen scheinbaren Gesprächspartnern argumentativ standhält, spielt für ihn eine nachgeordnete Rolle – für ihn und seine Zielgruppe sind sie ohnehin nur Politiker-Darsteller, Lügenpresse-Vertreter, Vertuscher, Schönredner und verirrte Gutmenschen. Während sie sich empören und ihm widersprechen verstärken sie seine Wirkung auf die, die er erreichen will. Was Gauland da absondert, sind keine Chiffren, die es zu enträseln gilt. Für seine Zielgruppe sind das verständliche Inhalte, klare Positionen und nur noch kümmerlich kaschierte politische Bekenntnisse zur nationalen Rechten.

Wie Gauland mit seinen Wählern kommuniziert, zeigt ein von AFD-Television veröffentlichtes youtube-Video, aufgenommen auf einer Demo in Elsterwerda (Brandenburg) am 2.06.2016, also wenige Tage nach dem umstrittenen Interview. Hier zitiert Redner Gauland vier Mal, wie beiläufig, den Spruch “Heute sind wir tolerant und morgen fremd im eigenen Land” – von einem vor ihm hoch gehaltenen Demonstrationsplakat. Der Spruch ist nicht neu, stammt nachweislich von der NPD und ist seit vielen Monaten auf den Demonstrationen der braunen Wutbürger zu sehen. Die Asylpolitik der “Noch-Kanzler-Diktatorin” Angela Merkel geißelt er als Irrsinn, die vor ihm (und um das NPD-Plakat versammelten) fordert er auf “mit allen Mitteln dagegen (zu) stehen und dagegen (zu) kämpfen”. Die Menge applaudiert und skandiert “Widerstand”.

Alexander Gauland, AFD-TV
https://www.youtube.com/watch?v=STUZrZ4gl7A

Faktisch ist der scheinbar so harmlose Kampagnenspruch “Heute sind wir tolerant und morgen fremd im eigenen Land” eine Art roter Faden zwischen AfD und NPD. In der rechtsextremistischen Szene populär gemacht, hat ihn die Neonazi-Band Gigi & Die Braunen Stadtmusikanten. Das zu deren Song “Fahnenmeer” von “NS Christ” auf youtube eröffentlichte Video, ist ein bislang vom Rechtsstaat wohl unentdecktes Meisterwerk rechtsextremer Propaganda. Zugleich gewährt es einen einzigartig unverstellten Einblick in das Weltbild derer, mit denen Alexander Gauland spricht, wenn er sagt, was er sagt.

NS Christ / Nazipropaganda
https://www.youtube.com/watch?v=0phvnyBVjZQ

Gauland weiß genau, was er sagt, wem es gilt und wie es dort ankommt. Als argumentative Überlegenheit daherkommende intellektuelle Überheblichkeit ist ganz sicher der falsche Weg der Auseinandersetzung – und ziemlich sicher auch zu wenig Widerstand. Gauland und seine Nazifreunde jedenfalls meinen es ernst mit einem ganz anderen Deutschland  – und wollen keinesfalls nur “in Deutschlandfahnen baden”.

Anmerkung des Autors: Bitte melden Sie das youtube-Video nicht – ich finde es hat seine Berechtigung am Rande der Legalität. Den Artikel zu verlinken ist natürlich erwünscht. Aber bitte verbreiten sie die Links nicht unkommentiert. Zumindest beim Zweiten handelt sich ohne Zweifel um Nazi-Propaganda.

Jérôme Boateng – ein farbiger deutscher Weltmeister

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boateng_privatJérôme Boateng, geb. 1988 in West-Berlin. Vater Ghanaer, Mutter Deutsche. Triple 2013 mit dem FC Bayern. Mit der deutschen Nationalmannschaft gewann er die Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien. Foto: Boateng.

“Wir sind Weltmeister” dank junger Männer wie Jérôme Boateng. Allerdings wird sich kaum einer von uns die Nachbarschaft zu Jérôme Boateng leisten können. Die meisten von uns sind dafür schlicht zu arm.

Alexander Gauland (AFD) ist ein frustrierter, schamlos verlogener und, wie wir jetzt auch wissen: dummer alter Mann. http://www.welt.de/vermischtes/article155987515/Ich-wusste-gar-nicht-dass-Boateng-farbig-ist.html

 

Claudia Roth – Keine Macht für Niemand

Pressefoto-Claudia-Roth-201DEUTSCHLAND, DEINE DEUTSCHEN (9)

Ich mag Claudia Roth, obwohl mich ihre Partei oft furchtbar nervt. Was sie sagt gefällt mir oft, die hartnäckige Leichtigkeit mit der sie ihre Postitionen vertritt, fast immer.

Liest man ihre Wiki-Biografie mit ein wenig Kontextwissen, zeigt sich ein kunterbuntes Leben – und zugleich eine beruflich-politische Karriere, wie sie heute, ganz unabhängig vom Geschlecht, in unserer ordentlichen Republik kaum noch möglich wäre.

Mit Abitur und zwei Semestern Theaterwissenschaften in München, gefolgt von kurzen Dramaturgie-Assistenzen in Memmingen und Dortmund, wird Claudia Roth Dramaturgin bei der Experimentaltheater-Truppe “Hoffmanns Comic Teater” in Unna.

Dort kreuzen sich ihre Wege mit Rio Reiser, der 1976 an einer Struwwelpeter-Aufführung mitwirkt. Rio Reiser ist bekennender Homosexueller und als Kopf der Politrockband “Ton Steine Scherben” Mitte der westdeutschen Siebziger musikalisches Sprachrohr der Linksalternativen und Hausbesetzer-Szene (“Keine Macht für Niemand”). https://www.youtube.com/watch?v=zOW6w-MFKNg

1982 wird die exkatholische schwäbische Zahnartzttocher Managerin der Band und zieht zu ihrem Freund, dem Keyboarder Martin Paul, und Rio Reiser in die Band-Kommune in Nordfriesland. 1985 sind “Ton Steine Scherben” pleite, die Band löst sich auf.

Zwar fällt eine wie Claudia Roth, mittlerweile 30 und noch immer ohne das, was man heute berufliche Qualifikation nennt, so auch einmal hin. Aber sie steht sofort wieder auf. Sie wird kein Sozialfall – wer mit den verrücktesten Anarchisten der Republik klargekommen ist, übersteht auch die Gründungswehen einer neuen Partei schadlos. Noch im Jahr der Bandpleite wird sie Pressesprecherin der Bundestagsfraktion der Gruenen (1985-1989).

1989 wird Claudia Roth ins Europäische Parlament gewählt, ist dort von 1994-1998 sogar Fraktionsvorsitzende der Grünen. 1998 wird sie über die bayerische Landesliste erstmals in den Bundestag gewählt, doch die drei Ministerposten in Deutschlands erster rot-grüner Regierung gehen an Joschka Fischer, Jürgen Trittin und Renate Künast. Zwar fallen diese drei bei der nächsten Wahl um den Parteivorsitz infolge einer absurd radikalen Trennung von Amt und Mandat als Wettbewerber aus – aber Claudia Roth muss nach ihrer Wahl zur Parteivorsitzenden Ende März 2001 ihr Bundestagsmandat niederlegen. Es gelingt ihr auch als Parteivorsitzende zunächst nicht, die Trennungsregelung parteiintern zu entschärfen. Konsequent entscheidet sie sich für ihr Bundestagsmandat und tritt im Dezember 2002 nicht erneut für den Parteivorsitz an.

Auch 2002 hatte Schröder hat immer noch keinen Platz am Kabinettstisch, aber immerhin lockerten die Grünen nun ihre Mandatsreglung. Von 2004 bis 2013 führte sie so zusammen mit wechselnden Co-Vorsitzenden die grüne Partei – und der deutsche Bundestag blieb ihre Bühne. Seit 2013 ist Claudia Roth eine der Vizepräsidentinnen des Deutschen Bundestages.

Dass Claudia Roth nicht auch noch Ministerin geworden ist, liegt ausgerechnet an der noch merkwürdigeren Karriere einer Pfarrerstochter aus der Uckermarck. An Angela Merkel, die seit 2005 einen Wahlsieg nach dem anderen einfährt. Als Claudia Roth sich 1984 noch ganz praktisch auf der Suche nach einem wirklich alternativen Lebenentwurf befand, schrieb Angela Merkel an ihrer (komplett lebensfernen) Doktorarbeit – und diskutierte in ihrer FDJ-Gruppe an der Ostberliner Akademie der Wissenschaften intensiv über Agitation und Progaganda. Fünf Jahre später war sie bereits “Kohls Mädchen” und wirkte am Rande bereits am Einigungsvertrag mit.

Was hätte aus Claudia Roth noch alles werden können? Was aus unserem Land, wenn sich Angela Merkel auch ein paar Jahre freie Liebe mit bekifften Punkrockern in den Dünen an der Ostsee gegönnt hätte? Luftlinie sind es vom nordfriesischen Fresenhagen bis nach Nordvorpommern gerade mal 350 Kilometer. Doch “Claudia Merkel” wird leider für immer ein Blogger-Traum bleiben. Die Wende kam einfach zu spät.

Heinrich Böll – In Bonn verlief immer alles anders …

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Heinrich Böll 1981

Heinrich Böll 1981, Foto: Bundesarchiv.

Heinrich Böll (geb. 1917 in Köln, gest. 1985 Kreuzau), deutscher Schriftsteller, ist für mich persönlich (Jahrgang 1966) der bedeutendste Autor der bundesrepublikanischen Nachkriegszeit. Kaum ein Schriftsteller war auf seinem Zenit aktueller politisch – und Böll ist vermutlich deswegen, kaum verstorben, schnell in Vergessenheit geraten. In meiner subjektiven Reihe der bedeutenden Deutschen gebührt Heinrich Böll um so mehr ein Ehrenplatz.

Maßgeblich für den seinerzeit von Marcel Reich-Ranicki in der ZEIT übel verrissenen Roman “Gruppenbild mit Dame”(“Noch nie hat ein deutscher Klassiker so schlampig geschrieben wie diesmal Heinrich Böll”) erhielt Böll 1972 den Literatur-Nobelpreis.

Meinen ersten Böll, die “Ansichten eines Clowns”, schenkte mir Monika Goetsch (Journalistin und Autorin) im Dezember 1985, kurz nach Bölls Tod, zu Weihnachten (Danke!). Ich verschlang die tragische Geschichte vom Scheitern des so merkwürdig deutschen Mannes Hans Schnier binnen Stunden.

Böll hat mich daraufhin einige Jahre nicht mehr losgelassen, obwohl das Deutschland, das er in seinen Büchern beschrieb, für uns Spätbundesrepublikaner bereits wieder Geschichte war. Aber dem politisch Interessierten erschloss sich dank Böll diese merkwürdig katholische Bonner Nachkriegsrepublik ebenso, wie das Mienenfeld der bundesdeutschen 1970er Jahre zwischen RAF und Strauß.

Zu Ehren seiner Verdienste um die deutsche Friedensbewegung benannten die Grünen ihre politische Stiftung nach Heinrich Böll.