Rafael Seligmann – Publizist und “deutscher Jude”

DEUTSCHLAND, DEINE DEUTSCHEN (7)

Rafael Seligmann: Wir haben das Gehirn, das sollen wir benutzen.

Rafael Seligmann: Wir haben das Gehirn, das sollen wir benutzen.

Rafael Seligmann (geb. 1947 in Tel Aviv) ist deutscher Publizist, Schriftsteller, Politologe, Zeithistoriker und “deutscher Jude”. Seligmanns Eltern flohen vor dem Nazi-Terror nach Tel Aviv und kehrten 1957 “aus wirtschaftlichen Gründen” nach Deutschland (München) zurück. Als beliebter Talksshow-Gast plädiert er regelmäßig für “Normalität und Entspanntheit” – auch im deutsch-jüdischen Verhältnis.

Rafael Seligmann hat seit 1978 als Autor nicht nur für den Spiegel, die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS), die taz oder die Jüdische Allgemeine geschrieben, sondern mit Vorsatz auch für Springer-Blätter wie Bild, B.Z. und Welt.

Seit 2004 ist Seligmann Chefredakteur der in Deutschland und USA erscheinenden englischsprachigen Monatszeitung The Atlantic Times. 2010 erschien seine Autobiografie “Deutschland wird dir gefallen”. 2012 gründete Seligmann die Zeitung “Jewish Voice from Germany” als enlischsprachige Brücke zwischen Deutschland und den Juden in aller Welt. Sie erscheint vierteljährlich im einer Auflage von 50.000 Exemplaren und hat Leser und Abonnenten in der ganzen Welt. Seligmann ist zudem Vorstandsmitglied des Vereins Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland.

Seligmann bezeichnet sich selbst als “deutschen Juden”, sein zentrales Thema ist das deutsch-jüdische Verhältnis diesseits des mißlungenen Schlussstrichs, mithin also unser alltägliches Miteinander hier in Deutschland.

Das deutsch-jüdische Verhältnis beschreibt Seligmann nüchtern: “Juden spielen als reale Minderheit in Deutschland kaum eine Rolle”. “Eine gesellschaftliche relvante Gruppe sind wir in Deutschland als Juden nicht mehr”. Er sieht die deutschen Juden vielmehr in der Funktion “kapitolinischer Gänse”, die “schnattern, wenn irgendwo soziale Spannungen auftreten, Minderheiten unterdrückt werden, gegen realen oder vermeintlichen Antisemitismus.”

Seligmann plädiert regelmäßig dafür “menschlich miteinander umzugehen”, für “Normalität und Entspanntheit statt empörter politischer Korrektheit”, fordert “mit dem Wissen über die Vergangenheit heute miteinander auszukommen”. “Es gibt kein elftes Gebot: Seid angspannt. Zwölftes: Seid betroffen. Sondern wir haben das Gehirn, das sollen wir benutzen. Es hat keinen Sinn in der Vergangenheit zu verharrren.”

Für Ausführungen wie diese wird Seligmann von jüdischer Seite gelegentlich als Netzbeschmutzer kritisiert. Sätze wie die folgenden könnte ein nicht-jüdischer deutscher Blogger bei aller “Entspanntheit” bis heute nicht ohne Anführungszeichen veröffentlichen.

“Der Holcaust ist geschehen, der Völkermord an den Juden. Aber die Juden leben weiter und es nützt nichts, nur an der Vergangenheit zu kleben. Für mich ist das Interessante, wie leben die Juden in Deutschland heute.”

Zum Einstieg – und als schönes Beispiel wie sympathisch Klugheit sein kann – sei dieses Interview aus der Serie “Typisch deutsch!” empfohlen:
https://www.youtube.com/watch?v=32Y-y3Jg15c

Aktuell: Phoenix-Diskussion “Die neue Intoleranz – Antisemitismus, Islamophobie, Fremdenhass” mit dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, 02.03.2015

Martin Luther – Reformator, Kirchenspalter und Germanist

DEUTSCHLAND, DEINE DEUTSCHEN (6)

luther_schillingMartin Luther (1483-1546, Eisleben, Sachsen-Anhalt), Mönch und Theologieprofessor, theologischer Urheber der Reformation und Mitverursacher der Kirchenspaltung. Luther ist wohl der bis dato für die Ideengeschichte der Menschheit bedeutendste Deutsche. Heute bekennen sich weltweit um die 800 Millionen Menschen zum Protestantismus, alleine 100 Millionen davon sind US-Amerikaner.

Vor allem war Luther vermutlich ein genialer, auf jeden Fall mutiger, vielleicht fanatischer Theologe. “Amore et studio elucidande veritas hec subscripta disputabuntur”, aus Liebe zur Wahrheit und in dem Bestreben, diese zu ergründen, wütet er 1517 mit seinen 95 Thesen gegen den Ablasshandel, den Zustand der katholischen Kirche, aber vor allem gegen die theologische Deutungshoheit und gottgegebene Unfehlbarkeit des Papstes.

Prompt folgte 1518 eine Anklage wegen notorischer Häresie, heute würde man sagen: fortgesetzter Meinungsfreiheit. 1520 forderte Luther erstmals, dass der Zölibat abgeschafft werden solle. 1521 wurde er schließlich exkommuniziert. Dieser Kirchenbann führte im gesamten Heiligen Römischen Reich (zu dieser Zeit noch ohne den Zusatz Deutscher Nation) automatisch zum Verlust aller Rechte (Reichsacht).

In seinem Versteck übersetzte der nun “vogelfreie” Luther 1521/22 in nur vier Monaten das gesamte Neue Testament ins Deutsche. Die erste deutsche Bibelübersetzung des verfolgten Gotteslästerers erschien dank Guttenbergs phantastischer neuer Technik 1522 tatsächlich bereits in einer gedruckten Auflage von 3.000 Exemplaren – und fand reißenden Absatz.

An der Übersetzung des Alten Testaments arbeitet Luther weitere 12 Jahre, während derer er  Ordensgelübde und Zölibatsversprechen brach, als er 1525 eine ehemalige Nonne heiratete. Kein Treppenwitz: Mit Katherina von Bora zeugte Luther sechs Kinder, derzeit sind rund 2.800 lebende Nachkommen dieser Verbindung bekannt.

Hinsichtlich unseres gemeinsamen Deutschseins, immerhin der rote Faden dieser Serie, ist Luther bei seiner Bibelübersetzung – keinesfalls nebenbei – Existenzielles gelungen: Mit unvergleichlicher Sprachgewalt schuf er die Grundlagen unseres heutigen Hochdeutsch. Wenn auch die Wirkmacht der von ihm übersetzten Inhalte allmählich nachlässt, über das von Luther inspirierte Hochdeutsch sind wir Deutsche bis heute in besonderer Weise miteinander verbunden.

Das Foto zeigt Luther auf dem Buchcover von Heinz Schillings Luther-Biografie “Martin Luther: Rebell in einer Zeit des Umbruchs” … das just in diesem Moment auf meine Amazon-Leseliste gefunden hat.

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Ergänzungen des Ursprungstextes / Anmerkungen

Freiheitskämpfer oder Volksverhetzer?
Seine provokative Frage “Ist eine solche vormoderne Existenz (wie Martin Luther) überhaupt jubiläumsfähig?” beantwortet Christian Geyer selbst lakonisch: “Im Ernst kann es nicht darum gehen, ob Luther heute vorzeigbar ist oder nicht. Man kommt an ihm schlicht nicht vorbei, selbst wenn man es wollte.” Da wenigstens sind wir einer Meinung.
Christian Geyer, Martin Luther – Freiheitskämpfer oder Volksverhetzer? FAZ 19.11.2014

Antijudaismus/Antimsemitismus
Bei allen Verdiensten um die Reformation und das Deutsche: Leider ist der späte Martin Luther ein erschreckendes Beispiel christlicher Judenfeindschaft, wie
Margot Käßmann in einem Gastbeitrag für die FAZ zu Recht anmerkte.
M. Käßmann – Die dunkle Seite der Reformation, FAZ 01.04.2014

 

Karl Marx – Philosoph der Arbeiterbewegung

DEUTSCHLAND, DEINE DEUTSCHEN (4)

karl-marx-briefmarke_1968Karl Marx (geb. 1818 in Trier, gest. 1883 in London). Philosoph, Ökonom und Vordenker der Arbeiterbewegung. Im Lichte der Weltgeschichte neben Martin Luther wohl der folgenreichste Deutsche (zumindest bis zum Auftritt des Gröfaz). Interessant: Marx blieb, anders als viele andere deutsche Auswanderer, sein Leben lang Deutscher. (England lehnte 1874 einen Antrag auf britische Staatsbürgerschaft ab.) Bei meiner Recherche fand ich zudem die abgebildete Briefmarke, die die Deutsche Bundespost im Jahr 1968 zu Ehren seines 150. Geburtstages herausgab. Ob die Deutsche Post 2018 zu seinem 200. Geburtstag wohl wieder eine auflegt?

Daniel Cohn-Bendit – Haschischküchlein sind phantastisch!

DEUTSCHLAND, DEINE DEUTSCHEN (5)

dani_2013Daniel Cohn-Bendit, Publizist und Politiker, Sohn aus Berlin geflohener jüdischer Deutscher, geb. 1945 in Montauban/Frankreich. Bis 1961 staatenlos, wählte er 1961 die französische Staatsbürgerschaft. 1968 als Aktivist der Studentenbewegung (“Pariser Mai-Revolte”) in die Bundesrepublik ausgewiesen. In den 1970er Jahren gehörte er zur Frankfurter Sponti-Szene. Von 1994-2014 wurde er – abwechselnd für die deutschen Grünen und die französischen Les Verts in das Europaparlament gewählt, 2002-2014 Fraktionsvorsitzender der Fraktion der Grünen im EP.

Bei youtube findet sich ein sehenswertes französischen Video aus dem Jahr 1982, aus dem auch das obige Haschisch-Zitat stammt. Zeitgeschichtlich interessanter ist das Video, weil es dokumentiert, mit welcher fatalen Leichtigkeit im Diskurs um die Enttabuisierung der Sexualität auch die Pädophilie (“ein erotisches Spiel”) gerechtfertigt wird. Da hilft auch der Hinweis auf das eingeworfene Haschischküchlein nicht, lieber Daniel, so blöd wird man von Cannabis nicht. Kinderschänder sind Gewalttäter! Die sexuelle Desorientierung bleibt ein “Gründungsmakel” der Grünen.

Das Video kann man nicht einbinden, ansehen lohnt, deutsche Untertitel. https://www.youtube.com/watch?v=M0qvkg2nzg8

Pierre Vogel – Islamischer Missionar oder Hassprediger?

DEUTSCHLAND, DEINE DEUTSCHEN (3)

Pierre Vogel (geb. 1978 in Frechen, NRW). Evangelisch getaufter und konfirmierter Deutscher, deutscher Jugendmeister im Boxen. Konvertierte 2001 zum Islam. Heute ist der islamistische Prediger fundamentalistischer Islam-Theorien (Bild: “Hassprediger”) wohl die einflussreichste Person der deutschen Konvertitenszene. Als gefährlich eingestuft wird er mind. seit 2010 vom Verfassungsschutz überwacht.
Hinweis: Diese SAT1-Reportage verwendet Vogels Propagandakanal bis heute als Werbemittel.

Heino – ein vorbildlicher Aktivrentner

DEUTSCHLAND, DEINE DEUTSCHEN (2)

Heino, eigentlich Heinz Georg Kramm, geb.1938 in Düsseldorf. Früher als Vollpfosten eine Krone der Volksmusik. Heute kein Bambi mehr, sondern als Kulturgutschänder, hier im Video mit Gotthilf Fischer, Deutschlands vorbildlichster Aktivrentner. Klingt zwar  verdächtig nach Rammstein – aber Heino singt einfach besser als Till Lindemann. Viel Spaß damit!